Heidelberger Literatur-Herbst – gut, dass es ihn gibt!

Marion Gottlob

Der Heidelberger Literatur-Herbst ist eine wundervolle Chance und Freude für alle, die sich daran beteiligen. Wo gibt es so ein Literatur-Festival? Da muss man lange suchen – und Menschen aus anderen Regionen bewundern und beneiden Heidelberg darum.

Der Event bietet anerkannten Autoren, aber auch unbekannten Schreibern die Chance, ihre Texte der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei geht es oft um Texte, die aus dem Alltag heraus entstehen. Egal, ob Liebesgeschichten, Fantasy oder andere literarische Texte.

Nicht nur das. Der Literatur-Herbst bringt die unterschiedlichsten Menschen und Einrichtungen zusammen. Auch das ist etwas Besonderes: Die Autorinnen und Autoren suchen auf eigene Faust eine Location für ihre Lesung – und zu dieser Gelegenheit öffnen sich ungewöhnliche Orte: Es gibt Straßen-Lesungen, Lesungen in Cafes, Lesungen in Räumen der Kirchengemeinden und vieles mehr. Das macht einfach allen Beteiligten Spaß. Von dieser Art von Spaß und Eigenbeteiligung kann es eigentlich in einer Stadt nicht genug geben.

Allerdings – dieses Engagement braucht die Unterstützung der Stadt.

Der Literatur-Herbst ist auch ein Mehrgenerationen-Projekt: Im Schreiben und im Zuhören finden Menschen jeden Alters zusammen – und sie erfahren Neues aus der Welt des anderen.

Dabei spielt die Vielfalt eine große Rolle: Das bedeutet, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten, mit den unterschiedlichsten Biographien und Wertvorstellungen sich treffen und ins Gespräch kommen. Es ist gerade bedeutsam, dass dieses Festival nicht auf eine Interessen-Gruppe verengt ist – die Vielfalt hat hier Platz.

Natürlich ist es auch so: Die Veranstaltungen sind oft klein. Aber, warum muss es immer ein Massen-Event sein? Warum gibt man nicht weiterhin Menschen eine Möglichkeit, sich einmal im Jahr im wahrsten Sinne des Wortes „zu Wort zu melden“? Denn es sind ungewöhnliche Wortmeldungen – oft von Menschen, die sonst nie gehört würden.

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„Vielfalt Liebe“ – Der Heidelberger Textsalon gab sich die Ehre

Doris Schmidt-Bergholz

Der Textsalon hat als hiesiger Zusammenschluss von Autorinnen und Autoren am Heidelberger Literaturherbst teilgenommen. Eine Premiere: Textsalon-Moderator Matthias Raden sagt die erste Autorin an, die anlässlich des Heidelberger Literaturherbst in der Neuenheimer Johannesgemeinde ihr jüngstes Werk der Öffentlichkeit vorstellt.

Schon ist sie gegenwärtig, Marie, die längst verstorbene Großmutter, der Heide-Marie Lauterer zwischen Tag und Traum begegnet. Als ihre „geheimnisvolle Stimme“ verebbt, schweben die ersten Töne von „Love is in the air“ durch den Raum, die Rüdiger Uckerts leichtfüßigen philosophischen Diskurs des Themas „Vielfalt Liebe“ einleiten.

Liebe, sie ist der Inhalt all der Kurzgeschichten an diesem Abend.Bei Claudia Ganter ist es die Liebe zum Augenblick, die seine Schönheit z. B. im Flug der Kraniche, der Vögel des Glücks, erkennt, bei Helga Oswald-Ludwig ist es die Liebe zum einfach Sein, die diese Ganzheit ihres Selbst auf dem schönsten Platz der Welt, auf einer „Bank aus Stein findet. Natürlich gibt es auch einige Geschichten, die den ganz besonderen, funkensprühenden Augenblick beschreiben, in dem sich zwei Seelen begegnen, z.B. in der Geschichte von Elke Barker, in der sich „die Blicke treffen“ oder bei Ingrid Dietrich in: „Der Blick auf den Blick“. Der Titel der Geschichte von Elen Bergidt spricht für sich: „Ein köstlicher Moment“. Jürgen Pirner beschäftigt sich mit seiner Liebe zu den eigenen Wurzeln, die für ihn auch eine „explosive Last“ sein können. Der „heiteren Behutsamkeit der Terzen“ widmet sich unter anderem Matthias Raden in seiner Geschichte. Anna Stark lässt in ihren Worten ihren ungarischen Hirtenhund, den tierischen Begleiter ihrer frühen Kindertage, wiederaufleben, dessen Seele sie Jahrzehnte später in einem Tier gleicher Rasse begegnet. Bei Pit Elsasser geht es um seine Liebe zur Heimat, die er als „geborener“ Heidelberger in einer Ode an seine Geburtsstadt thematisiert. Marion Gottlob beschreibt, wie Liebe wachsen kann, von dem Misstrauen durch Fremdheit im ersten Moment, über das sich Einlassen und das behutsame auf-einander-Zugehen, hin zur Vertrautheit.

Die letzte Geschichte ist erzählt. Einen Augenblick wird es ganz still im Raum. Dann ertönt begeistertes Klatschen. Dem Publikum hat es gefallen. Es waren zwei schöne beglückende Stunden.